Auditierung von Liefernaten - Definition, Ziele, Inhalte und Durchführung von Lieferantenaudits
Die Beurteilung von bestehenden oder neu auszuwählenden Lieferanten ist für jeden Unternehmer ein geschäftskritischer Vorgang, denn man bindet sich in der Regel vertraglich für einen gewissen Zeitraum an einen bestimmten Geschäftspartner. Da die Qualität und Zuverlässigkeit des Lieferanten vor der eigenen Wertschöpfungskette stehen, weiten sich hier entstehende Probleme fast unweigerlich in das eigene Geschäft aus.
Wenn nicht mehr geliefert werden kann, stehen schnell die Produktionsstätten still. Ersatz zu beschaffen, kann in der Regel die Kosten signifikant erhöhen und unbemerkte Qualitätsmängel finden sich anschließend in eigenen Waren und Dienstleistungen wieder. Das ist gleich doppelt kritisch, denn die Unzufriedenheit der eigenen Kunden oder Nachfolgeprobleme, wenn man selbst die Rolle eines Lieferanten einnimmt, muss man in der Regel allein ausbaden.
Ein Lieferantenaudit ist somit ein sinnvolles und zielgerichtetes Werkzeug, um durch die regelmäßige Beurteilung von Lieferanten, zukünftige Probleme zu vermeiden oder zu minimieren. Im Vergleich zu vielen anderen Auditarten hat man bei der Auditierung von Lieferanten sogar einen kleinen Vorteil: Der anvisierte SOLL-Zustand ist zumindest teilweise schon bekannt – nämlich die vertraglich zugesicherte Leistung und Qualität. Diesen SOLL-Zustand langfristig als IST-Zustand zu halten, kann mit vielen bewährten Instrumenten des Qualitätsmanagements gesichert und durch regelmäßige Lieferantenaudits optimiert werden.
Mit der verpflichtenden Einführung des Lieferkettengesetzes (offiziell:
Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz, LkSG) für viele deutsche Unternehmen ab dem Jahr 2023 (und Ausdehnung im Jahr 2024), gewinnt das Lieferantenaudit noch eine viel größere Bedeutung. Es geht dann nicht mehr nur um die Begrenzung direkter wirtschaftlicher Risiken durch die Beurteilung der Lieferanten, sondern auch um juristische und reputationstechnische Konsequenzen. Dem inneren Gedanken des Lieferkettengesetzes folgend, ist man dann auch für ethische, soziale und umwelttechnische Verfehlungen von Lieferanten – zumindest partiell – mitverantwortlich. Ein pauschales Herausreden und eine Abschiebung der Verantwortung auf die Verfehlungen anderer ist dann nicht mehr so leicht möglich und kann auch strafbewehrte Folgen nach sich ziehen. Das kann teuer werden, oder einen lange erarbeiteten, guten Ruf schnell ruinieren. Auch eine Fokussierung auf „mein Unternehmen betrifft das ja nicht“ könnte sich schon mittelfristig als problematisch erweisen. Die Erfahrung lehrt, dass ethisch-bürokratische Geburten wie das Lieferkettengesetz (vergleiche auch etwa DSGVO im Jahre 2018) rasch wachsen und mittelständische Unternehmer unter 1.000 Mitarbeitern damit rechnen sollten, dass der eigene Verantwortungsraum schon bald massiv erweitert werden wird.
Nicht zuletzt muss man natürlich auch festhalten, dass eine Überwachung und Steuerung von Lieferanten auch in vielen wichtigen Normen (z.B. ISO 9001:2015, ISO 13485,…) einen festen Platz einnimmt. Auch wenn hier in der Regel keine konkreten Punkte genannt werden, so Dabei geht er vorrangig um die Abstimmung von QM-Systemen aber auch etwa um Qualifikation und Kompetenz betroffener Mitarbeiter.
Ziele von Lieferantenaudits
Lieferantenaudits sollen EIGENE Risiken mindern – bisher eher rein wirtschaftlicher Natur, ab 2023, wie angesprochen, auch zunehmend anderer Art. Das Lieferkettengesetz entstand, wie schon so oft, als eine indirekte Vorgabe der Vereinten Nationen (UN). Die Vorgabe sieht eine mittelfristige Umsetzung allgemeiner Prinzipien rund um die Menschenrechte und Sozial- und Umweltstandards in entsprechende nationale Regelungen vor. Was früher noch von geringer Bedeutung war, kann einen heute, in der globalisierten Wirtschaft, dann eben schnell betreffen. Am Anfang der Produktionskette stehen heute fast immer andere Länder, häufig in Asien oder Afrika, die nicht immer unsere Wertvorstellungen teilen und als aufkommende Industrienationen momentan vorwiegend rein wirtschaftlich denken und agieren.
Auditierung von Lieferanten zur Lieferantenbewertung
Die Ziele eines Lieferantenaudits können leicht variieren, je nach den Gründen für die eigentliche Durchführung. Bei bereits bestehenden Lieferanten gilt es im Rahmen einer Lieferantenbewertung sicherzustellen, dass die vertraglich geregelten Leistungen auch dem IST-Zustand entsprechen und auch absehbar zukünftig gesichert sein werden.
Lieferantenaudit zur Lieferantenauswahl
Geht es darum, neue Lieferanten zu finden, bietet ein Audit ein geeignetes Mittel zur gezielten Lieferantenauswahl und Bewertung. Hier geht es darum, den gewünschten zukünftigen IST-Zustand unter möglichst günstigen Bedingungen zu erreichen, sei es als Qualität, als Menge oder finanziell.
Lieferketten optimieren mit Lieferantenentwicklung
Im Rahmen der Lieferantenentwicklung sind die Audits hingegen mehr im Bereich der Verbesserung und Optimierung angesiedelt. Es geht hier dann um verbessertes Risikomanagement und eine eventuelle Ausweitung von bereits bestehenden Geschäftsbeziehungen. Die Auditierung des Lieferanten kann zielgerichtet diese Potentiale offen legen.
Inhalte von Lieferantenaudits
Klassischerweise ist ein Lieferantenaudit in erster Linie ein Produkt- oder Prozessaudit. Es geht darum, die Qualität von Waren oder Dienstleistungen zu ermitteln, zu bewerten und – wenn möglich – eine Verbesserung sicherzustellen. Die gewünschte Produktqualität muss dabei natürlich auch an den eigenen finanziellen und wirtschaftlichen Möglichkeiten gemessen werden. Je höherwertiger die eigenen Produkte und Leistungen, desto höhere Qualitätskriterien müssen auch an Lieferanten angelegt werden.
Umfasst ein Lieferantenaudit ein Systemaudit, so kann damit evaluiert werden, wie gut die Qualitätsmanagementsysteme des Lieferanten funktionieren und ob dieser auch seine eigenen Zulieferer entsprechend gut kontrolliert. Gerade in sehr Technik lastigen Bereichen wie dem Automobilbau oder dem Maschinenbau sind Systemaudit fester Bestandteil der Gesamtbewertungen.
Prozessaudits und Verfahrensaudits können ebenfalls Inhalt eines Lieferantenaudits darstellen und werden mit der Einführung des Lieferkettengesetzes stark an Bedeutung gewinnen. Im Fokus liegen dann nicht mehr allein gut messbare Kriterien (Qualität, Preis, Verfügbarkeit….), sondern ebenso wie gut der Lieferant seine eigenen Abläufe beherrscht, aber auch vertraglich geforderte Prozessabläufe umsetzen und kontrollieren kann. Hier treten dann eher schwer messbare Faktoren in den Vordergrund, seien es Umweltaspekte oder andere soziale und ethisch-moralische Vorgaben (z. B. Hygiene, Datenschutz, Compliance …).
Unterschiede zu Zertifizierungsaudits
Ein Lieferantenaudit ist ein klassisches Überwachungsaudit und somit in der Regel weniger zeitintensiv und von geringerem Umfang als ein Zertifizierungsaudit. Auch Folgeaudits sind üblicherweise dann weniger personal- und zeitaufwendig.
Im Gegensatz zu einer Zertifizierung steht hier mehr der Übersichts- und Bewertungscharakter im Mittelpunkt. Neben reinen „erfüllt/nicht erfüllt“ Vorgaben, finden sich in einem Lieferantenaudit auch besser quantifizierbare Punkte, etwa zur maschinellen Ausstattung, Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter oder der angewendeten Informationssicherheit.
Lieferantenaudit Planung und Durchführung
In der Vorbereitung von Lieferantenaudits erfolgt bereits ein reger Austausch von Informationen und Dokumenten. Neben Erstgesprächen können Dokumente wie Zertifikate, Spezifikationen, Hausregeln und -standards oder auch Arbeitsverträge bereits einen guten Überblick bieten. Ein Teil der gewünschten Kriterien kann somit direkt in fertige Checklisten überführt werden, die dann im Rahmen des Audits nur noch praktisch überprüft werden müssen. Häufig, und im Rahmen einer immer mehr globalen Wirtschaft, sind hierzu nicht einmal mehr zwingend persönliche Besuche des Auditorenteams notwendig, sondern das eigentliche Audit kann auch mit modernen Remote-Techniken durchgeführt werden. Dies ist insbesondere bei ausländischen Lieferanten ein extremer Vorteil.
Aus dem Audit entsteht ein Auditbericht, welcher zur konkreten Lieferantenbewertung genutzt wird und daher eine Vergleichbarkeit mit anderen möglichen Partnern erlaubt. Dies setzt jedoch eine gewisse Einheitlichkeit der angewendeten Bewertungskriterien voraus.
Erfolgt eine positive Lieferantenbewertung, so kann diese auch selbstverständlich als Basis für weitere Optimierungen genutzt werden, um den ermittelten IST-Zustand auch langfristig sicherzustellen.
Auditierung von Lieferanten im Rahmen des Lieferkettengesetzes
Hatte die Auditierung von Lieferanten früher vor allem wirtschaftliche und qualitätsrelevante Gründe (Verbesserung der eigenen Produktqualität, Reduzierung von Beschaffungskosten, Vorsorge gegen Lieferengpässe,…), so sorgt ab 2023 das neue Lieferkettengesetz vielfach auch für einen handfesten gesetzlichen Grund. In 2 ersten Schritten sind vor allem große Unternehmen nun gezwungen ethische und soziale Standards entlang ihrer kompletten Lieferkette sicher zu stellen. Es ist aber natürlich damit zu rechnen, dass sich die Grenzen der Gültigkeit des Lieferkettengesetzes schon bald auch auf „kleinere“ Unternehmen ausdehnen werden.
Wer hier verantwortungsvoll handeln möchte, sollte sein eigenes Qualitätsmanagement schon frühzeitig auf diese neuen Herausforderungen hin umstellen. Die Planung und Durchführung einer Auditierung der eigenen Lieferanten wird dann fester Bestandteil des eigenen Qualitätsmanagements.
Sicherere und bessere Liefer- und Wertschöpfungsketten - mit der Beratung von PeRoBa München
Erfahrung und praktisches Fachwissen, das sind die Gründe dafür, warum die PeRoBa GmbH gerade in den anspruchsvollen Branchen des Automobil- und Maschinenbaus ihren großen Kundenstamm vorweisen kann. In diesen Branchen ist es mehr als überall sonst notwendig, die Lieferkette im Griff zu haben – denn Ausfälle und Probleme kosten hier richtig viel Geld und auch Ansehen.
Die PeRoBa GmbH ist aber nicht nur ein professionelles Beratungsunternehmen, sondern treibt mit Eigenentwicklungen das Qualitätsmanagement aktiv voran. Als die Coronakrise gerade auch die Industrie mit aller Wucht traf, stand mit unserer ausgezeichneten Software iVision® bereits ein mächtiges und erprobtes Softwaresystem für die Durchführung von Remote Audits und weitergehende Teleworking-Prozesse zur Verfügung. Ob mit Laptop, Smartphone oder sogar Datenbrillen, iVision® fügt sich hervorragend in bestehende Softwarelandschaften ein und ist als prozessgetriebene Software für alle zukünftigen Anforderungen bestens gerüstet – auch beim Lieferantenaudit und für die Herausforderungen des Lieferkettengesetzes.
Über PeRoBa:
Die PeRoBa Unternehmensberatung GmbH ist einer der weltweit führenden Taktgeber im Bereich Qualitätsmanagement, deren Ursprung bereits in das Jahr 1991 zurückgeht. Der Firmensitz befindet sich seit 2011 in Baldham, und das Unternehmen verfügt über eine Repräsentanz in der Prinzregentenstraße in München. Die PeRoBa Unternehmensberatung berät, prüft und bewertet qualitativ hochwertig, um Kunden bei der Einführung und Umsetzung ihrer Managementsysteme zu unterstützen. Sie bietet darüber hinaus Audits, QM- Trainings, Seminare und Workshops an.
Seit Januar 2016 ist die hauseigene, innovative Software iVision® – Smart Remote Audit Solution am Markt und ergänzt unser Beratungsportfolio.
Der Gründer und Inhaber, Dr. Roland Scherb MBA, ist Auditor, Berater, Trainer und Autor. Er ist 1. Vorstand im Bundesverband der Auditoren und aktives Mitglied im Arbeitskreis der DIN e.V. sowie Referent der TÜV-Akademie.
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